Koichi Tanaka forscht in Rostock

Donnerstag, 22. Mai 2003

Nobel-Preisträger forscht in Rostock

Koichi Tanaka, Nobelpreisträger für Chemie 2002, kommt im September nach Rostock. Er will einen Kooperationsvertrag zwischen seinem Labor und dem Rostocker Proteom-Zentrum abschließen, den ersten Partnern in Europa.

Rostock (OZ) Viele Stunden ihres Arbeitsalltags im Proteom-Zentrum Rostock verbringt die Chemikerin Dr. Cornelia Koy an einem der weltweit modernsten Hochleistungs-Massenspektrometer, das von Koichi Tanaka mitentwickelt wurde. Der Japaner erhielt im Vorjahr den Nobelpreis für Chemie. „Sein“ Gerät in Rostock ist das erste überhaupt, das in Europa erfolgreich in Betrieb genommen wurde. Koichi Tanaka kommt Anfang September nach Rostock.

   „Es grenzt an ein Wunder, dass er Japan für den Besuch bei uns verlassen kann, denn in seiner Heimat ist er jetzt ein Volksheld und hat viele Verpflichtungen dort“, sagt Prof. Michael O. Glocker, Leiter des Proteom-Zentrums Rostock, voller Vorfreude. Der Nobelpreisträger, mit dem der Rostocker Forscher seit längerem eine erfolgreiche Wissenschafts-Kooperation pflegt, wird nicht nur einen der Festvorträge auf dem zweiten Rostocker Proteom-Forum am 2. und 3. September halten. Er will außerdem eine Vereinbarung zur Zusammenarbeit seines Nobel-Labors mit den Rostocker Proteomforschern unterzeichnen. Das ist der erste offizielle Vertrag, den Tanaka als Nobelpreisträger mit europäischen Partnern eingeht. Und ein Ritterschlag für das Proteom-Zentrum Rostock.

   „Ja, wir sind aus dem Windelalter 'raus“, urteilt Glocker. Im Dezember 1999 war unter Federführung von Prof. Hans-Jürgen Thiesen, Direktor des Instituts für Immunologie der Universität Rostock, das Proteom-Zentrum mit seinem ersten Forum eröffnet worden. Mittlerweile nähert sich das Leitprojekt „Proteom-Analyse des Menschen“ seinem Ende. „Wir haben Gene ermittelt, die dafür verantwortlich sind, ob eines der wichtigsten Medikamente gegen Rheuma wirkt oder nicht", nennt Thiesen eins der herausragenden Ergebnisse. Das zugrunde gelegte Verfahren ist zum Patent angemeldet worden. Es könnte zur Basis für eine geplante Firmengründung werden.

   Beim Bundesministerium für Bildung und Forschung liegt derzeit erneut ein Großforschungs-Projektantrag unter Federführung des Proteom-Zentrums Rostock vor. Dabei geht es um Systembiologie, das Zusammenführen der Ergebnisse der Genom- und Proteomforschung mit deren kausalen Zusammenhängen unter Einsatz modernster Bioinformatik. Am Beispiel der Leber und ihrer Erkrankungen sollen Modelle zum besseren Verständnis biologischer Prozesse und regulatorischer Netzwerke entwickelt werden.

   Die Rostocker schafften unter den 40 Antragstellern mit zwei anderen den Sprung in die zweite Runde. „Wenn die Universität Rostock uns den Rücken stärkt, werden wir das mit drei Millionen Euro geförderte Projekt in die Hansestadt holen können“, ist sich Michael Glocker mit Blick auf die im Juni im Bundesministerium anstehende Entscheidung sicher.

   Etwa 200 Wissenschaftler von drei Kontinenten werden Anfang September am Rostocker Proteom-Forum teilnehmen. Die Tagung über ihre neuesten Forschungsergebnisse wird vom Wirtschafts- und vom Bildungsministerium Mecklenburg-Vorpommerns gefördert. Nahtlos schließen sich gleich danach die Schweriner Wissenschaftstage vom 4. bis 6. September an. In diesem Jahr stehen sie ganz im Zeichen der Chemie. Auch dort wird man über Koichi Tanaka und seine Leistungen sprechen.

ANJA NEUTZLING